500 Jahre Täufer: Nachfolge, Mut und Märtyrerzeugnis

Vor 500 Jahren entstand in Zürich die Täuferbewegung – eine der bedeutendsten Strömungen der Reformationszeit. Der Artikel beleuchtet ihre Anfänge, ihre zentralen Anliegen und ihre bis heute spürbare Wirkungsgeschichte.

Ein Anfang im Verborgenen

Es war der 21. Januar 1525, ein Winterabend in Zürich. In einem einfachen Haus, fernab der Kirchengebäude und Kathedralen, saßen einige Männer und Frauen beisammen. Sie hatten gebetet, gerungen, geweint. Sie waren von Zwingli geprägt, hatten mit ihm die Schrift studiert – aber sie spürten: Die Reformation ging nicht weit genug.

Die Bibel war klar. Jesus rief nicht zur Taufe von Säuglingen, sondern zur Taufe von Glaubenden. Also fassten sie einen Entschluss, der ihr Leben veränderte. Konrad Grebel taufte Jörg Blaurock. Dann taufte Blaurock die anderen. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten geschah es: erwachsene Menschen bekannten öffentlich ihren Glauben an Christus und ließen sich taufen.

Damit begann die Täuferbewegung. Kein politisches Programm, kein Machtanspruch – sondern eine leidenschaftliche Rückkehr zu Jesus Christus und seinem Wort.

Mutige Zeugen – bekannte und unbekannte Namen

Die Geschichte der Täufer ist nicht die Geschichte von Helden, die alles im Griff hatten. Es ist die Geschichte von Menschen, die von Jesus ergriffen waren. Sie wagten Schritte, die sie alles kosteten.

Felix Manz – der erste Märtyrer

Nur zwei Jahre nach der ersten Taufe musste Felix Manz sein Leben lassen. Die Behörden in Zürich verurteilten ihn zum Tod durch Ertränken – eine grausame Ironie: „Taufe mit Taufe vergelten“. Am 5. Januar 1527 führte man ihn zur Limmat. Seine Mutter und sein Bruder standen am Ufer, riefen ihm zu, er solle standhaft bleiben. Seine letzten Worte waren:
„In deine Hände, Herr, befehle ich meinen Geist!“

Dann stieß man ihn ins Wasser. Sein Tod wurde zum Fanal: Das Evangelium kann man nicht ertränken.

Michael Sattler – der klare Bekenner

Michael Sattler, einst Prior in einem Kloster, erkannte, dass Christus nicht nach religiösen Formen, sondern nach ganzer Hingabe verlangt. Zusammen mit anderen Täufern verfasste er 1527 die Schleitheimer Artikel – ein Bekenntnis, das bis heute als Grundstein gilt.

Kurz darauf wurde er verhaftet, verhört und zum Tod verurteilt. Am 20. Mai 1527 führte man ihn hinaus, schnitt ihm die Zunge heraus, riss ihm mit glühenden Zangen Stücke aus dem Fleisch, und schließlich verbrannte man ihn. Seine Frau Margaretha wurde Tage später in der Donau ertränkt.

Doch die Schleitheimer Artikel blieben. Darin heißt es:

„Die Gemeinde Christi soll abgesondert sein von allem, was nicht Gott ist; sie soll keine Gemeinschaft haben mit der Finsternis.“

Sattlers Blut floss, doch sein Bekenntnis lebt.

Balthasar Hubmaier – der Gelehrte

Hubmaier war einer der wenigen Täuferführer mit akademischer Bildung. Seine Predigten und Schriften verbreiteten sich weit. Immer wieder betonte er: „Die Wahrheit ist untödlich.“ – Worte, die ihm zum Schicksal wurden. 1528 verbrannte man ihn in Wien. Seine Frau wurde drei Tage später in der Donau ertränkt.

Pilgram Marbeck – der Hirte

Er überlebte die ersten Stürme. Ingenieur von Beruf, Prediger aus Berufung. Er baute Gemeinden auf, die Bestand hatten. Unter seiner Leitung entstanden Netzwerke von Täufergemeinden, die trotz Verfolgung über Generationen blieben. Sein Vermächtnis zeigt: Die Täuferbewegung war nicht nur Märtyrerblut, sondern auch Hirtenliebe und Treue im Alltag.

Die Schleitheimer Artikel – ein brennendes Manifest

Im Februar 1527 trafen sich Täuferführer in Schleitheim (Schweiz). Sie wussten: Viele von ihnen würden bald nicht mehr leben. Sie mussten festlegen, was ihnen heilig war.

In sieben Artikeln legten sie das Fundament:

  1. Die Taufe – nur für Glaubende, nicht für Säuglinge.

  2. Die Gemeinde – eine Gemeinschaft der Nachfolger, sichtbar abgesondert von der Welt.

  3. Das Brotbrechen – nur für die, die mit Christus und der Gemeinde im Reinen sind.

  4. Die Trennung – klare Abgrenzung von falscher Lehre und von der Welt.

  5. Die Hirten – Hirten sollen treu lehren, leiten, ermahnen.

  6. Das Schwert – Christen gebrauchen es nicht, sondern folgen der Gewaltlosigkeit Jesu.

  7. Der Eid – Christen schwören nicht, sondern sprechen die Wahrheit.

Diese Artikel sind kein theologisches Traktat für Spezialisten. Sie sind ein brennendes Manifest: Wir wollen Jesus radikal folgen – koste es, was es wolle.

Verfolgung – Blut als Same

Die Gegner der Täufer waren sich in einem einig: Sie mussten ausgerottet werden. Sowohl katholische als auch reformierte Obrigkeiten verfolgten sie.

  • Manche Täufer wurden ertränkt, andere verbrannt, wieder andere lebendig begraben.

  • Familien wurden auseinandergerissen, Kinder ihren Eltern weggenommen.

  • Ganze Gemeinden mussten in die Wälder oder Berge fliehen.

Im „Märtyrerspiegel“ – einem dicken Buch voller Zeugnisse – sind Hunderte Geschichten gesammelt. Namenlos erscheinen viele Frauen und Männer, die ihr Leben gaben.

Eine Frau in Tirol, verhaftet und verhört, sagte schlicht:
„Ich kann meinen Herrn nicht verleugnen.“
Sie wurde auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Ein junger Mann, dem man die Wahl gab zwischen Leben und Verleugnung, antwortete:
„Ich will lieber mit Christus sterben, als ohne ihn leben.“

Das Blut der Märtyrer war nicht vergeblich. Es wurde zum Samen.

Warum die Täufer heute noch sprechen

500 Jahre später – was sagt uns das? Ist das nur alte Geschichte? Nein.

1. Nachfolge ist kein Kompromiss

Die Täufer erinnern uns: Christsein ist mehr als Religion. Es ist ein Leben in radikaler Hingabe. Taufe bedeutet: Ich bin gestorben mit Christus und lebe für ihn.

2. Gemeinde ist Familie

Die Täufer wollten keine großen Volkskirchen, sondern lebendige Gemeinschaften. Menschen, die sich gegenseitig tragen, ermahnen und lieben. Das brauchen wir heute dringender denn je.

3. Gewaltlosigkeit ist Stärke

In einer Welt voller Hass und Kriege sagten sie: Wir lieben sogar unsere Feinde. Das ist nicht Schwäche, sondern Kraft des Evangeliums.

4. Treue kostet etwas

Viele von uns leben bequem. Doch die Täufer fordern uns heraus: Wofür bist du bereit zu leiden? Was ist dir dein Glaube wert?

Ein brennendes Vermächtnis

Heute gibt es weltweit Millionen Christen, die sich auf die Täufer berufen – Mennoniten, Hutterer, Amish, Freikirchen. Aber wichtiger als die Namen ist das Vermächtnis:

  • Ein persönlicher Glaube, nicht geerbt, sondern entschieden.

  • Eine klare Gemeinde, nicht angepasst, sondern abgesondert.

  • Ein Leben in Nachfolge, nicht bequem, sondern kompromisslos.

500 Jahre Täufer sind kein Denkmal. Sie sind ein Ruf: Folge Jesus nach – mit Herz, Mund, Händen, Füßen.

Schluss: Das Feuer lebt

Die ersten Täufer hatten keine Macht, kein Geld, keine Gebäude. Aber sie hatten eine Überzeugung, die stärker war als Tod und Teufel: Jesus Christus ist Herr.

Ihr Blut schreit nicht nach Rache, sondern es ruft uns zur Nachfolge. Ihr Bekenntnis fordert uns heraus, ihr Mut steckt uns an.

500 Jahre Täufer – das ist keine Geschichte von gestern. Es ist ein Feuer, das heute brennt.

„Die Wahrheit ist untödlich.“ (Balthasar Hubmaier)
„Wir müssen Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ (Apg 5,29 – Leitvers der Täufer)

Möge dieses Feuer in unseren Herzen neu entzündet werden. Nicht als Erinnerung, sondern als Entscheidung: Herr Jesus, dir will ich nachfolgen – koste es, was es wolle.

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